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Artikel aus der September Ausgabe 2022 der
Jüdischen Rundschau
Die britisch-ägyptische Autorin Bat Ye’or ist eine der prominentesten Kritikerinnen der Islamisierung Europas. Michel Houellebecq erwähnt sie in seinen Romanen. Die westlichen Bemühungen, einen „palästinensischen“ Pseudo-Staat in Judäa und Samarias zu errichten, nennt sie einen geplanten Völkermord an den Juden. Giulio Meotti sprach für Arutz Sheva mit Bat Ye’or. (JR)
Bat Ye’or, Sie haben geschrieben, es werde im Ukraine-Krieg nur einen Sieger geben: Die islamische Umma. Warum?
Als die Mauer fiel, hatten wir Hoffnung auf ein friedliches, respektvolles Zusammenleben mit Russland. Doch aus der islamischen Welt kamen Warnzeichen. Es schien fast, als bräuchte Europa ein Feindbild, und nach der Annäherung an Russland sei das eben der Islam. Es schien, als würde die Einwanderung aus Osteuropa jene aus den „Südländern“ ersetzen, ein Euphemismus für die muslimische Einwanderung.
Für die Umma hatte der Kalte Krieg gegen den Kommunismus bedeutende Vorteile: Neben Waffen, Öl und Einwanderung in den Westen half der Westen mit, ein internationales Netzwerk aus Koranschulen und radikalen muslimischen Bewegungen zu schaffen. Das Geschäft mit Öl und Energie beeinflusste die Innen- und Außenpolitik des Westens entscheidend.
Eine Freundschaft mit Russland und Frieden in Europa stieß in jenen Ländern, die immer von Kriegen innerhalb der Christenheit profitiert hatten, nicht auf Gegenliebe. Leider sehen wir jetzt, dass die Mauer aus Hass zwischen Russland und Westeuropa wieder aufgebaut wird, wer weiß für wie lange. Den Völkern Europas wird eine russophobe Hysterie aufgezwungen, die sogar zum Atomkrieg in Europa führen könnte.
Unsere Anführer und Vordenker sagen uns, dass dieser Krieg ewig weitergehen muss, bis die ganze Welt Putin hasst und ihn aus dem Weg räumen will. Ich glaube, das Gegenteil wird passieren. Die EU ist unter den Bürgern Europas gar nicht so beliebt. Wenn die EU uns in einen atomaren Dritten Weltkrieg zwingen will, der unseren Kontinent und sein Volk zerstören wird, wird diese Unbeliebtheit nur zunehmen.
Viele Tränen werden für das Leid des ukrainischen Volkes vergossen, doch es sind Krokodilstränen, wenn wir nichts tun, um Frieden zu schaffen, sondern nur aggressive Worte und Taten übrig haben. Immer mehr Waffen zu liefern verlängert nur den Krieg, der so viel Leid verursacht hat.
Aus innenpolitischen Erwägungen braucht Joe Biden einen Sieg über Wladimir Putin, und die Zerstörung Russlands. Wollen wir das wirklich, wenn der Preis der Atomkrieg ist? Und was dann? Sie sagen uns, Putin müsse bestraft werden, weil er ein schrecklicher Diktator ist. Aber gleichzeitig hofieren wir islamische Diktaturen, damit sie uns mit Energie versorgen: Die Vereinigten Emirate, Iran, Aserbaidschan, Katar…
Um Russland in die Knie zu zwingen, muss Europa auch in die Knie gezwungen werden, während unsere Milliarden jetzt an Länder gehen, die nicht gerade eine weiße Weste oder eine demokratische Regierung haben. Wir machen uns mal wieder von den Geldgebern des Dschihads abhängig.
Wir müssen uns fragen: Was machen unsere Regierungen? In wessen Namen handeln sie? Im Namen der Gerechtigkeit? Der Freiheit? Den Menschenrechten? Wo befolgen wir sonst diese Prinzipien? In Afrika, wo wir mit Diktatoren im Bett liegen? In Asien, wo die EU verhöhnt wird? Im Iran oder Südamerika? In Europa, wo Menschen heute wegen Blasphemie auf der Straße oder in der Schule geköpft werden? Oder sind das nur Ausreden, um sich in Länder einzumischen, die man vernichten will? Was bedeuten die Menschenrechte noch, wenn sie auch in Europa nicht mehr geachtet werden?
Das allerwichtigste Grundrecht ist das auf Sicherheit. Das haben wir scheinbar vergessen. Menschen werden ermordet, weil sie in die Kirche oder Synagoge gehen? Wie kann man da von Menschenrechten sprechen?
Wir haben auch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit verloren. Bestimmte Worte und Meinungen können heute tödlich sein. Wir müssen die Regeln der Blasphemie beachten, die uns von einer fremden Kultur aufgezwungen werden. Wir haben das gesetzmäßige Recht verloren, bestimmte religiöse oder politische Meinungen zu vertreten. Ich unterscheide hier zwischen politischer Kritik und Diffamierung, die geahndet werden muss.
Zum Thema Menschenrechte gibt es zwei völlig unterschiedliche Auslegungen: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948, und die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam von 1990. Seit den 1930ern hat Europa eine Seite gewählt: Während der Feind im Osten verteufelt wird, sucht man sich seine Zukunft im Süden, wie wir jetzt erfahren. Der Europarat will „Islamische Geschichte“ lehren, die politische Teilhabe der muslimischen Gemeinden stärken und ihre religiösen Wünsche erfüllen.
In diesem Hexenkessel, der von unfähigen Politikern befeuert wird, zählen die Völker Europas nichts. Sie werden der atomaren Auseinandersetzung geopfert. Wer hat entschieden, dass EU und NATO sich seit 2014 in den Ukraine-Krieg einmischen? Es wird ein langer Krieg. Wollen das die Europäer wirklich? Haben ihre Volksvertreter diese Politik wirklich mit ihren Bürgern besprochen, die sich gerade von einer zweijährigen Pandemie erholen? Haben unsere Zeitungen und Fernsehsender die Menschen über die Konsequenzen eines solchen Abenteuers aufgeklärt? Sollten in einer Demokratie solche Entscheidungen nicht vom Volk getroffen werden? Wir sind doch eine Demokratie, oder?
Sie haben beklagt, dass der Westen unter dem aus Amerika importierten Woke-ismus leidet.
Ich kenne mich mit dieser „woke“-Agenda nicht so aus. Es scheint mir aber, dass es Edward Said war, der diese Bewegung als Erster mit dem anti-westlichen Dschihad vereint hat. Said war PLO-Mitglied und Freund Arafats. Er wollte aus dem Woke-ismus so etwas wie den europäischen Antisemitismus machen. Said propagierte die Zerstörung der westlichen Kultur, da sie kein Fundament habe außer anti-arabischen, anti-muslimischen, anti-schwarzen Vorurteilen und dem politischen Willen, die arabisch-muslimische Welt zu unterwerfen und unterdrücken.
Seine Theorie verwirft alle Grundlagen, Kriterien und Gattungen der Wissenschaft. Nach dieser Denkart ist alles gerechtfertigt, da es keine Wahrheit gibt. Diese Art der Kritik richtet sich jedoch immer nur gegen die jüdisch-christliche Kultur, nie gegen chinesische oder islamische Kultur. Edward Saids Verteufelung der westlichen Kultur wird durch den Dschihad für einen ideologischen Krieg gegen das „Böse“ verwendet, d.h. jede Form der westlichen, jüdisch-christlichen Kultur, Wissenschaft und Politik.
Die Ideologie des Dschihads will Europa schon seit dreizehn Jahrhunderten islamisieren. Die arabischen Armeen wollten schon im 9. Jahrhundert Rom erobern, dem Zeichen der christlichen Macht des Westens. Jetzt verfolgt Erdogan wieder ähnliche Ziele. Erdogan, der regelmäßig die Schlacht von Manzikert 1071 feiert, ermutigt die NATO, Russland anzugreifen. Saids Theorien wurden von allen Antisemiten in Amerika begeistert aufgenommen, in Obamas Demokratischer Partei und den Universitäten. Heute destabilisieren sie den Westen.
Wird Europa sich eines Tages wieder mit Russland arrangieren müssen? Nach diesem Krieg wird das nicht einfach…
Es wäre im Interesse Europas. Dieser Krieg ist Wahnsinn. Krieg bedeutet immer Tod, Zerstörung und schreckliches Leid für die Zivilbevölkerung, ob heute in der Ukraine, oder gestern im Donbass oder Armenien. Hier sehen wir eine Situation, die außer Kontrolle geraten ist.
Warum haben die USA und Europa einen Bürgerkrieg in der Ukraine befeuert? Wie jedes Imperium will die Europäische Union seinen Machtbereich immer weiter ausdehnen, und immer mehr Länder einverleiben. Da die EU keine militärische Macht besitzt, benutzt sie „Farb-Revolutionen“ wie den Arabischen Frühling und gegen Viktor Orbán, einem demokratisch gewählten Ministerpräsidenten. Dieser Krieg zeigt uns, dass Joe Biden bestimmen will, wer in Russland regiert.
Es ist eine Form von Größenwahn. Wieso sollten wir Europäer und Amerikaner bestimmen dürfen, wer z.B. die Türkei regiert? Oder China? Warum sollten wir entscheiden, wer in einem anderen Land regiert, nur weil uns ihre Regierung nicht gefällt? Die Vorstellung, dass Putin weg muss, weil Biden und die EU das so wollen, ist kriminell. Das ist nun eine ganz neue Phase der imperialen Hegemonie der EU, die so viel Unheil auf der Welt anrichtet.
Was ist denn in den arabischen Ländern passiert, in denen wir für Regimewechsel sorgten? Was ist mit dem Iran? Warum dürfen die Mullahs bleiben? Sind sie denn so viel demokratischer im Umgang mit ihrem Volk, mit Frauen und Ungläubigen? Was ist mit ihrem Terrorismus in Europa und Israel? Mit den Drohungen der Mullahs, die Israel auslöschen und Völkermord begehen wollen? Ist dschihadistischer Terror gegen Zivilisten kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit? Warum sagen Biden und die EU hier nichts?
Was ist die Erklärung für diesen doppelten Standard?
Es gibt mehrere Gründe. Es geht um wirtschaftliche und geopolitische Macht, weil 56 islamische Länder die Welt beherrschen und mit der Organisation für Islamische Zusammenarbeit einen gut organisierten Block darstellen. Weil man die nicht angreifen kann, greift man Russland an.
Nicht zu vergessen die historische Verbindung zwischen Antisemitismus und Islam-Nazismus seit den 1930ern.
Dann gibt es den Dhimmi-Status, den wir gewählt haben: Die USA gegen den Kommunismus, die EU gegen Israel. Das Wort Dschihad war dabei tabu, bis der Islamische Staat in Irak und Syrien die EU zwang, darüber zu reden. Auch heute spricht man nicht über den Dhimmi-Status, weder an den Universitäten, in der Politik oder der Öffentlichkeit. Wenn man etwas ignoriert, das seit 13 Jahrhunderten in Theologie, Politik, Recht und Gesellschaft existiert, dann existiert es einfach nicht. Was keinen Namen hat, existiert nicht. Wenn man keinen Namen für Sauerstoff hat, dann existiert Sauerstoff nicht.
Putin gibt Nazis die Schuld
Der Nationalsozialismus stirbt nicht aus. Von Frankreich bis Russland und Norwegen nach Nordafrika schlossen sich schon in den Zwanziger Jahren Millionen Europäer dem Nationalsozialismus an und kollaborierten mit den Nazis, als ihre Länder besetzt wurden. Diese Menschen sind 1945 nicht über Nacht verschwunden. Nach einigen Säuberungen blieben viele in Regierungsämtern. Es gibt viele Beispiele, Mitterrand, Couve de Murville und René Bousquet in Frankreich, Kurt Georg Kiesinger in Deutschland, aber auch im restlichen Europa.
Es gibt detaillierte Werke zu diesem Thema, wie das von Christophe Bourseiller zu Frankreich. Auch in internationalen Organisationen wie der UNO gab es 1972 bis 1981 den Generalsekretär Kurt Waldheim, einem ehemaligen Wehrmachtsoffizier. Es gab eine Art Internationale von Ex-Nazis in der Europäischen Politik. Das erklärt die nationalsozialistischen Elemente der EU-Politik, die die Macht in Europa an sich reißt. Schließlich wurde der Grundstein der EU von Walter Hallstein gelegt, dem ersten Vorsitzenden der Europäischen Kommission 1958 bis 1967, einem überzeugten Nazi und NS-Führungsoffizier.
Ebenfalls ein Tabuthema bleibt die Beteiligung von europäischen Muslimen vom Balkan, der Krim, der Ukraine und dem Kaukasus, aus Nordafrika und dem Nahen Osten am Eroberungskrieg und Völkermord der Nazis, ihre Rekrutierung und Indoktrinierung in die Wehrmacht und SS. Dazu gibt es hervorragenden Werke, u.a. von Lukasz Hirszowicz, Jeffrey Herf, Matthias Kunzel und David Motadel.
Der Euro-Nazismus belebte klammheimlich sein Bündnis mit dem Islam-Nazismus der vereinten arabischen Anführer, die sich 1947 zu einem Vernichtungskrieg gegen Israel vereinten. Bis auf die Tschechoslowakei weigerten sich alle europäischen Länder, Waffen an Israel zur Verteidigung zu verkaufen.
Diese Kollaboration setzte sich fort, als Al-Husseinis Verwandter Jasser Arafat 1973 die offizielle Unterstützung der EWG für die PLO begrüßte. Die Nazi-Politik der Endlösung der Judenfrage setzt sich in den Bemühungen der EU, einen judenreinen „palästinensischen“ Pseudo-Staat in Judäa und Samaria mit Jerusalem als Hauptstadt zu schaffen, nahtlos fort. Diese Politik des Völkermords nennt die EU den „Friedensprozess“.
Ich habe diese Fakten bereits in mehreren Büchern und Texten besprochen, ich will sie hier nicht nochmal durchkauen. Die EU-Politik ist eine Schoah des Gedenkens (wie du bereits geschrieben hast, Giulio) und der Rechte des israelischen Volkes. Was wir erleben, ist die Zerstörung der christlich-jüdischen Zivilisation auf Grundlage der biblischen Werte. Wenn die Bibel umgeschrieben wird, und der Name Israel durch Palästina ersetzt, wenn Ausstellungsstücke im Museum um tausende Jahre anachronistisch als „palästinensisch“ deklariert werden, dann ist das nichts anderes als Islamisierung.
Heute sagt man tatsächlich: Wie kann ein Christ über den Tempelberg sprechen, wenn er kein Moslem ist? Als ob Jesus in die Moschee gegangen ist. Ich nenne diese Kampagne, die Geschichte des Volkes Israels auszulöschen und zu unterdrücken, seine Legitimität und sein Recht auf Selbstverteidigung in Frage zu stellen, den „Nationalsozialismus der Europa-Politik“. Diese Nazi-Strategie der Vernichtung Israels ist zugleich der Selbstmord des Christentums. Die Vernichtung Israels bedeutet auch die Vernichtung des lebenden Kontextes der Christenheit, die ihr Wesen aus der jüdischen Tradition des Messias (altgriechisch Christos), dem Erlöser bezieht – eine Vorstellung, die dem Islam wesensfremd ist.
Deshalb ist die EU, die diese Vernichtungspolitik gewählt hat, bereits islamisiert. Diese Islamisierung ist der Grund, aus dem es sich gegen die Verbündeten der Nazis in den 30er Jahren nicht mehr wehren kann. Der Nationalsozialismus war die Ausgangsbasis der europäischen Allianz mit den Moslem-Völkern. Das Christentum ist durch die Bibel und die Grundsätze des Erlösers (dem Messias) untrennbar mit dem Judentum verbunden. Aufgrund ihres Hasses der jüdischen Wurzeln des Christentums bedauerten die Nazis, dass Europa christlich und nicht islamisch geprägt war. Diese Nazi-Ideologie findet sich heute in der Bedrohung des Christentums durch den Islam wieder.
Wird Europa weiterhin den Weg von Hitler, Himmler und Hallstein beschreiten, den die EU-Länder gewählt haben? Werden sie ihren Hass auf dasjenige Volk ausleben, das ihre Wurzeln darstellt und das sie so oft versucht haben, auszurotten? Durch ihren Hass auf Israel getrieben wird das Christentum vielleicht die Auslöschung durch den Islam bevorzugen. Es ist nicht das Volk, das entscheidet, sondern ihre Politiker.
Was halten Sie von Emmanuel Macrons Sieg?
Enttäuschend. Macron wird die Politik Hallsteins fortsetzen, Europas Energievorrat von arabischen Despoten und dem Islam abhängig zu machen. Eine Nation, die sich weigert, diese Gefahr und Bedrohung zur Kenntnis zu nehmen, ist dem Untergang geweiht. Die Gefahr heißt Dhimmi-Status.
Giulio Meotti ist Italiensicher Journalist, der u.a. für Il Foglio und Arutz Sheva schreibt. Sein Buch „A New Shoah“ beschriebt die persönlichen Geschichten von Terroropfern in Israel. Dieses Interview erscheint auf Deutsch mit freundlicher Genehmigung des Autors.
Aus dem Englischen von Collin McMahon
(Quelle: Jüdische Rundschau, September 2022)